Virtuelle Welten sind unendliche Umgebungen, in denen sich Nutzer prinzipiell frei bewegen können. Doch die Sache hat einen Haken: der reale Raum, in dem der Nutzer geht, ist meist begrenzt.

Das Team von Stefan Schneegaß (Human-computer Interaction Group) hat auf der CHI 2019 (ACM CHI Conference on Human Factors in Computing System) einen Ansatz mit elektrischer Muskelstimulation (EMS) vorgestellt, der es ermöglicht, auf begrenztem realem Raum eine unbegrenzte Geherfahrung zu machen. Dabei verwenden die Forscher einen Trick: Sie lassen den VR-Nutzer im Kreis laufen, ohne dass es dieser merkt. Dazu stimulieren sie seinen Sartorius-Muskel, der von der Hüfte bis zum Schienbein verläuft. Durch die Muskelstimulation bewegt sich das Bein des Nutzers nach außen. Er läuft automatisch eine Kurve, während er in der virtuellen Welt geradeaus geht.

Das Video zeigt den Aufbau des entwickelten „Infinite Walker Systems“. Eine Studie mit Probanden ergab, dass sich der Raumbedarf hiermit deutlich reduzieren lässt. Die Probanden liefen in der VR durch eine unendlich lange, gerade Allee. Tatsächlich bewegten sie sich in einem begrenzten Raum. Am geringsten war der Raumbedarf, wenn die Muskelstimulation mit einem „Vision Shift“ kombiniert wurde. Hierbei wird die Sicht des Nutzers leicht in eine Richtung verschoben, so dass der Nutzer automatisch ein Kurve geht, um diese Verschiebung zu korrigieren.

In Zukunft könnten EMS und Vision Shift demnach als Bestandteile von VR-Systemen eingesetzt werden, die eine perfekte Illusion von unendlichen Umgebungen schaffen.

Die CHI ist die größte und wichtigste Konferenz im Bereich Mensch-Computer Interaktion. Das Paper wurde veröffentlicht unter dem Titel:  Around the (Virtual) World: Infinite Walking in Virtual Reality Using Electrical Muscle Stimulation von Jonas Auda, Max Pascher and Stefan Schneegaß: https://doi.org/10.1145/3290605.3300661

Eine Zusammenfassung ist hier erschienen: https://medium.com/acm-chi/around-the-virtual-world-719c0270f325.