(c) Hans Blossey

Mehr Gewissheit für Prognosen

Abwarten oder handeln? Mit dieser Entscheidung sind Disponenten, die im dynamischen Umfeld von Hafenterminals Abläufe organisieren müssen, ständig konfrontiert. Wie maschinelles Lernen ihnen helfen kann, hat die Arbeitsgruppe Software Systems Engineering gemeinsam mit der Duisburger Hafen AG untersucht.

Der Duisburger Hafen ist der größte Container-Binnenhafen der Welt; über 4 Millionen Container werden hier jährlich umgeschlagen. Mit zunehmender Digitalisierung der Terminals werden dabei immer mehr und genauere Daten über die Abläufe in den Terminals erzeugt. Allein die Portalkräne, die Container zwischen Zügen und LKW bewegen, liefern alle fünf Sekunden neue Werte für ca. 100 Variablen (Position, Energieverbrauch, Fehlerzustände, etc.).

Diese Daten lassen sich nutzen, um Prognosen zu erstellen, z.B. darüber, ob ein Zug pünktlich das Terminal verlassen wird. Damit können Disponenten bei drohenden Verspätungen proaktiv gegensteuern, indem sie beispielsweise den Personaleinsatz erhöhen. Doch Prognosen sind - jeder weiß es vom Wetterbericht - umso genauer je kürzer der Vorhersagezeitraum ist. Gleichzeitig stehen Disponenten vor dem Problem, dass Eingriffe in laufende Prozesse eine gewisse Vorlaufzeit brauchen, damit sie wirken. Die paluno-Arbeitsgruppe von Prof. Pohl und die Duisburger Hafen AG wollten wissen, wie sie Disponenten in diesem Spannungsfeld zwischen Prognosegenauigkeit und Handlungszeitpunkt unterstützen können.

Ensemble Deep Learning liefert präzise Voraussagen

Dazu entwickelte das Forscherteam einen Prototyp für ein sogenanntes „Terminal Productivity Cockpit“. Neben den eigentlichen Prognosen liefert dieses System Verlässlichkeitsschätzungen für die Prognosen. Die Berechnungen basieren auf der Kombination von bis zu hundert Prognosemodellen zu einem Ensemble. Die einzelnen Prognosemodelle werden zuvor anhand historischer Prozessdaten mittels Deep Learning, einer Methode des maschinellen Lernens, trainiert. Das Ensemble Deep Learning hat zwei Vorteile: Zum einen sind die Prognosen eines Ensembles genauer als die Prognosen einzelner Prognosemodelle. Zum anderen lässt sich die Verlässlichkeit der Prognosen über die Anzahl der übereinstimmenden Prognosemodelle berechnen – also ähnlich wie beim Publikumsjoker in „Wer wird Millionär?“.

Um ihren Ansatz zu bewerten, haben die Forscher die möglichen Verbesserungen des Terminalbetriebs im Hinblick auf die Produktivität und die Kosten analysiert. Als Indikator für die Produktivität diente die Pünktlichkeit der ausgehenden Züge. Demnach könnte die Produktivität des Terminals mit maschineller Entscheidungsunterstützung um geschätzte ca. 5% gesteigert werden.

Neue Plattform soll für Datenqualität sorgen

Damit Häfen tatsächlich von solchen modernen Verfahren der Datenanalyse und des maschinellen Lernens profitieren, müssen die Daten allerdings geeignet integriert und aufbereitet werden. Diese Schritte machten beim „Terminal Productivity Cockpit“-Prototyps ca. 80% der Entwicklungsaufwände aus. Um das Verfahren effizienter zu gestalten, arbeiten die Wissenschaftler im Projekt DataPorts gemeinsam mit europäischen Partnern an einer domänenspezifische Datenplattform für Häfen.

 

Weiterführende Informationen

Die Arbeiten fanden im Rahmen des europäischen Big-Data-Leuchtturmprojekt TransformingTransport statt. Auf den Webseiten der Europäischen Kommission wurde kürzlich eine Success Story über das Projekt veröffentlicht. Insgesamt zeigte TransformingTransport, wie Big Data und KI den europäischen Transportsektor transformieren können, indem sie die Kosten und den Treibstoffverbrauch des Verkehrs senken und gleichzeitig die Effizienz von Transportunternehmen steigern: Big data offers big gains for transport operators

Im EU-Projekt DataPorts entwickelt die Arbeitsgruppe von Prof. Pohl gemeinsam mit internationalen Partnern eine Datenplattform für europäische Seehäfen. Das Projekt adressiert u.a. das Problem der Datenverarbeitung, -aggregation und –akquisition großer Datenmengen. https://sse.uni-due.de/forschung/projekte/dataports

Veröffentlichung

A. Metzger, J. Franke, and T. Jansen, “Ensemble deep learning for proactive terminal process management at the port of Duisburg ’duisport’,” in Business Process Management Cases – Volume 2, J. vom Brocke, J. Mendling, and M. Rosemann, Eds. Springer, 2020 – to be published.

Eine Vorabversion ist frei verfügbar unter http://ceur-ws.org/Vol-2428/paper17.pdf (A. Metzger, J. Franke, and T. Jansen, “Data-driven deep learning for proactive terminal process management,” in Proceedings of the Industry Forum at BPM 2019 co-located with 17th International Conference on Business Process Management (BPM 2019), Vienna, Austria, September 1-6, 2019., ser. CEUR Workshop Proceedings, J. vom Brocke, J. Mendling, and M. Rosemann, Eds., vol. 2428. CEUR-WS.org, 2019, pp. 190–201)

 

Ansprechpartner

NameKontakt

Software Systems Engineering (SSE)

apl. Prof. Dr.-Ing. Andreas Metzger
+49 201 18-34650

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Birgit Kremer
+49 201 18-34655

This project has received funding from the European Union's Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement no. 871493

This project has received funding from the European Union's Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement no. 731932.