Bild: mast3r / Adobe Stock

Effiziente Zahlungsprozesse für die Baubranche

In keiner anderen Branche in Deutschland dauert es so lange, bis nach erfolgter Leistung gezahlt wird, wie im Bauwesen. Ein hohes Insolvenzrisiko für kleine Betriebe. Die Digitalisierung soll das ändern.

In einem neuen Verbundprojekt entwickelt der Lehrstuhl für Software Engineering (Prof. Gruhn) gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie ein automatisches Zahlungsmanagement für die Baubranche. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Vorhaben „BIMcontracts“ mit 2,46 Millionen Euro für drei Jahre; 610.000 Euro fließen davon an die Arbeitsgruppe von Professor Gruhn. Der IT-Dienstleister Adesso leitet das Konsortium. Basis für das Zahlungsmanagement sollen digitale Bauwerksmodelle (Building Information Modeling BIM) und die Blockchain-Technologie in Verbindung mit Smart Contracts sein.

Derzeit hohes Risiko für kleine Betriebe

In der Bauindustrie arbeiten häufig viele Dienstleister – Ingenieure, Baufirmen, Handwerker, Subunternehmer, Gutachter, Projektmanager, Rechtsanwälte – gemeinsam an einem Auftrag, und es kommt zu komplexen Vertragskonstellationen. Hakt es irgendwo im Prozess an einem Detail, kann sich die gesamte Zahlungskette verzögern. Durch das Verknüpfen verschiedener digitaler Technologien soll künftig gewährleistet werden, dass erbrachte Dienstleistungen umgehend bezahlt werden. „Das ist gerade für kleine und mittlere Betriebe wichtig, die sonst ein hohes Risiko tragen, bei ausbleibenden Zahlungen ihre Liquidität zu verlieren oder insolvent zu gehen“, sagt Prof. Dr. Markus König, Projektpartner und Leiter des Bochumer Lehrstuhls für Informatik im Bauwesen.

Digitale Transaktionskette

Alle am Bau beteiligten Akteure sollen Teil einer Blockchain sein. Dabei handelt es sich um eine digital abgebildete Transaktionskette, wobei einzelne hintereinander hängende Blöcke den einzelnen Transaktionen entsprechen. Jede dieser Transaktionen ist durch einen Smart Contract geregelt, also durch einen digitalen Vertrag, in dem die Leistungen vereinbart sind, die die beteiligten Akteure erbringen müssen, um ihr Geld zu erhalten. Die Akteure sind über eine ID in dem digitalen System registriert und können auf einem mobilen Gerät direkt auf der Baustelle bestätigen, wenn sie eine Leistung erbracht haben. Das System benachrichtigt dann automatisch die Bauabnahme und der Prüfer kann den Auftrag als erledigt markieren oder Mängel melden – ebenfalls mit einer mobilen Anwendung. Fällige Rechnungen können dann automatisch zur Zahlung angewiesen werden.

Nach dem Blockchain-Prinzip bauen die einzelnen Transaktionen aufeinander auf. Eine spätere Transaktion ist nur möglich, wenn die vorausgehenden früheren Transaktionen als richtig bestätigt wurden.

Die paluno-Arbeitsgruppe von Professor Gruhn erarbeitet in dem Projekt die Software-Architektur der „BIMContracts“ und Prozesse zur automatisierten Erstellung von projektspezifischen Smart-Contract-Netzwerken. Die Bochumer Kollegen vom Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen entwickeln digitale Abrechnungsmodelle für ein automatisiertes Zahlungs- und Vertragsmanagement.

Kooperationspartner

Neben Adesso, der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Duisburg-Essen sind die Freundlieb Bauunternehmung sowie die Rechtsanwälte Kapellmann und Partner beteiligt.